Der Kampf gegen das Wasser
Früher lebten die Bewohner der Marschgebiete im Westen von Sønderjylland mit der ewigen Gefahr, von Hochwasser betroffen zu werden. Dank der Deiche, Schleusen und Pumpstationen ist diese Gefahr praktisch eliminiert. Heute leben die Menschen hier in friedlicher Koexistenz mit dem Meer.
Die Landschaft wirkt ruhig und sicher, wenn man über die flache, ausgedehnte Gegend mit ihren Kanälen, Wiesen und den Hunderten weidenden Schafen blickt, während in der Ferne das Wattenmeer schimmert.
Doch die Verhältnisse waren hier nicht immer so friedlich, wie sie heute aussehen. Hier am westlichen Ende von Sønderjylland war der Kampf gegen das Wasser immer hart – und manchmal sogar tödlich.
Das ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Landschaft hier sehr flach ist. Wenn sich von Westen ein Sturm nähert, führt er große Wassermassen mit sich. In alten Tagen verursachten Sturmfluten häufig große Überschwemmungen, was viele Menschenleben und auch das Leben vieler Tiere kostete.
Um sich gegen die Wassermassen zu schützen, begann die ortsansässige Bevölkerung bereits im 16. Jahrhundert mit dem Bau von Deichen. Seither wurden immer neue Deiche errichtet. Der jüngste ist der Deutsch-Dänische Deich, der 1981 fertiggestellt wurde. Er schützt in erster Linie die Tønder-Marsch vor Überschwemmungen. Noch 1976 war die Tønder-Marsch von zwei kräftigen Sturmfluten nahezu überschwemmt worden. Das war die Ursache für den Bau des Deutsch-Dänischen Deiches.
Entwässerung
Ein weiteres wichtiges Instrument zur Verhinderung von Hochwasser sind Pumpstationen. Sie tragen dazu bei, das Regenwasser aus niedriggelegenen Gebieten der Marsch hinaus in die zahlreichen Gewässer abzupumpen, die die Landschaft kreuz und quer durchschneiden. Dadurch werden die Wiesen entwässert.
In der Tønder-Marsch gibt es vier Pumpstationen, deren größte die Pumpstation Lægan ist. Die Pumpstation ist für die Öffentlichkeit zugänglich und kann das ganze Jahr hindurch besichtigt werden.
Der dritte Schlüssel zur Neutralisierung der Kräfte des Meeres sind Schleusen. Sie sind wirkungsvoll, um den Wasserstand zu regulieren. Die wichtigste Schleuse der Region ist die Vidå-Schleuse. Sie ist ein Teil des Deutsch-Dänischen Deiches und befindet sich am Auslauf der Vidå ins Wattenmeer.
Durch das Schleusentor, das geöffnet und geschlossen werden kann, kann das Wasser der Vidå ins Wattenmeer abgeleitet werden, wodurch die Marsch entwässert wird. Wenn der Wasserstand im Wattenmeer höher als in der Vidå ist, kann man hingegen das Schleusentor schließen, sodass kein Meerwasser in den Fluss strömt.
Die Schleusentore werden heute automatisch geöffnet und geschlossen. Das geschieht unter anderem zweimal täglich, wenn die Gezeiten im Wattenmeer wechseln. Einen guten Einblick in den Küstenschutz erhält man bei einem Spaziergang auf dem Deutsch-Dänischen Deich an der Vidå-Schleuse.
Schutz
Dank der Deiche, Schleusen und Pumpstationen können die Menschen in der Region bei Stürmen aus dem Westen gut mit erhöhten Wasserständen leben und brauchen sich keine Sorgen wegen Überschwemmungen zu machen.
Das bedeutet aber nicht, dass dieser Schutz für alle Zeiten bestehen bleibt. Der UN-Klimarat prognostiziert einen Anstieg des Meeresspiegels in der Zukunft, was natürlich eine höhere Beanspruchung der Deiche mit sich bringen wird. Zugleich hat die Zahl der Sturmfluten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen, sodass die Deiche ihren Wert häufiger als früher beweisen mussten.
Der Zustand der Deiche wird jedoch genau überwacht. Ebenso wird geprüft, ob die Deiche zu einem künftigen Zeitpunkt erhöht werden müssen. Deshalb können sich alle gut geschützt in den Marschgebieten aufhalten.
Flussdeiche
Die niedrigeren Flussdeiche verlaufen entlang der Flüsse und wurden zwischen 1927 und 1930 im Zuge der Entwässerung der Tønder-Marsch errichtet. Ohne die Flussdeiche wäre die Entwässerung nicht möglich gewesen. Die Deiche sorgen dafür, dass das Wasser in den Flüssen verbleibt, wenn es von den Kanälen in den niedriggelegenen Gegenden der Marsch hinauf in die Flüsse gepumpt wird.
Ohne die Flussdeiche und die Pumpstationen wäre die Tønder-Marsch überschwemmt worden – nicht vom Meerwasser, das von Westen hereingedrückt wird, sondern vom Regenwasser, das im Bereich zwischen der Umgebung der Schleuse im Westen bis zur Autobahn in der Mitte von Sønderjylland fällt. Das ist ein Regeneinzugsgebiet von 1.341 km², dessen sämtliche Niederschlagsmengen durch die Vidå-Schleuse abgeleitet werden müssen. Bei maximaler Belastung sind das über 200.000 Liter – rund 500 Badewannen voll –, die pro Sekunde durch die Schleuse strömen. Wenn die Schleusentore aufgrund des Drucks vom Wattenmeer geschlossen sind, kann das sich in den Flüssen rückstauende Wasser nicht entweichen. Die Flüsse würden daher schnell über ihre Ufer treten und die Tønder-Marsch überschwemmen, wenn es die Flussdeiche nicht geben würde.
Klimaschutzmaßnahmen
Trotz der Flussdeiche stellt der Wasserrückstau eine ständige Gefahr für Überschwemmungen dar. Bei großen Niederschlagsmengen über einen längeren Zeitraum in Kombination mit starkem Westwind sammelt sich das rückstauende Wasser schnell an. Deshalb wird an vielen Orten in der Tønder-Marsch an Klimasicherungsmaßnahmen gearbeitet – unter anderem durch Errichtung von Bereichen, in denen das Wasser zwischengespeichert werden kann, bis sich die Schleusentore wieder öffnen. Ein solcher Speicherort ist unter anderem in Margrethekog Syd, etwas südlich der Vidå-Schleuse, zu finden.